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Neue Gefahrstoffverordnung: Was ändert sich beim Umgang mit Asbest?
13. Mai 2025

Die jüngste Novellierung der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV), die am 5. Dezember 2024 in Kraft getreten ist, bringt Änderungen für den Umgang mit potenziell gefährlichen Materialien, insbesondere Asbest, in Bestandsgebäuden mit sich. Diese Neuerungen schaffen für Handwerker, Eigentümer und Immobilienverwalter neue Verpflichtungen und Herausforderungen bei Reparatur- und Sanierungsarbeiten.
Neue Pflichten bei alten Gebäuden: Die Asbest-Annahme
Das Ziel der novellierten Verordnung ist der Schutz von Mensch und Umwelt vor stoffbedingten Schädigungen. Eine zentrale Bestimmung betrifft Gebäude, deren Baubeginn vor dem 31. Oktober 1993 lag. Bei solchen Objekten muss nun grundsätzlich mit dem Vorhandensein asbesthaltiger Produkte gerechnet werden. Diese Annahme gilt, solange das Gegenteil nicht bewiesen ist.
Für den „Veranlasser“ von Tätigkeiten an baulichen oder technischen Anlagen ergibt sich eine besondere Mitwirkungs- und Informationspflicht. Veranlasser, zu denen auch Eigentümer und Immobilienverwalter gehören, sind verpflichtet, das beauftragte Handwerksunternehmen über das Baujahr des Gebäudes sowie über eventuell bereits vorhandene Kenntnisse einer Asbestbelastung zu informieren.
Die Rolle der Handwerker: Zwischen Ermessen und Unsicherheit
Im Gegensatz zu früheren Entwürfen liegt die Entscheidung, ob eine weitergehende technische Erkundung auf Asbestbelastung notwendig ist, im Ermessen des ausführenden Bauunternehmens. Diese Konstellation führt zu praktischen Schwierigkeiten: Können Eigentümer oder Verwalter die erforderlichen Informationen (Baujahr, bekannte Belastung) nicht liefern muss das ausführende Unternehmen entscheiden. Es könnte sich gezwungen sehen, bei jedem Gebäude vor 1993 präventiv aufwendige Verfahren nach TRGS 519 anzuwenden oder kostenintensive Beprobungen durchzuführen.
Drohende Verzögerungen und Kostensteigerungen
Besonders bei dringenden Reparaturen, beispielsweise nach Wasser- oder Brandschäden, können erforderliche Asbestprüfungen zu erheblichen Zeitverzögerungen führen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) warnt vor möglichen Verzögerungen von bis zu zwei Wochen bei dringend nötigen Reparaturen. Dies birgt zudem das Risiko, dass sich die ursprünglichen Schäden vergrößern.
Neben den Zeitverlusten sind auch Kostensteigerungen zu erwarten. Der GDV schätzt die Mehrkosten allein für notwendige Begutachtungen auf eine potenzielle Asbestbelastung auf jährlich 190 Millionen Euro. Versicherer stehen der pauschalen Finanzierung aufwendiger Untersuchungen vor jeder Reparatur skeptisch gegenüber, da sie größere Folgeschäden (z. B. Schimmel) verhindern möchten, aber auch die teuren TRGS 519-Verfahren nicht standardmäßig tragen wollen.
Suche nach praktikablen Wegen und Hilfestellungen
Zur Bewältigung der praktischen Herausforderungen werden emissionsarme oder staubarme Arbeitsverfahren (sogenannte BT-Verfahren) als mögliche Lösungen genannt. Diese sollen unter bestimmten Voraussetzungen Tätigkeiten mit asbesthaltigen Materialien ermöglichen, ohne sofort die aufwendigsten Verfahren nach TRGS 519 anwenden zu müssen. Allerdings sind BT-Verfahren nicht für alle Rückbauarbeiten geeignet.
Auch spezielle Probenahme-Kits können eine Erleichterung bieten. Sie ermöglichen es Handwerkern, Proben sicher selbst zu entnehmen und an akkreditierte Labore zur schnellen Analyse (drei bis fünf Tage per Express) zu senden.
Qualifikationen und Anzeigenpflicht bei Asbestarbeiten
Es ist wichtig zu betonen, dass bei tatsächlichen Tätigkeiten mit Asbest, insbesondere bei Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten, die je nach Risiko (niedrig, mittel, hoch) unterschiedliche Schutzmaßnahmen erfordern, weiterhin spezifische Qualifikationen erforderlich sind. Für Arbeiten im hohen Risikobereich ist sogar eine Zulassungspflicht vorgesehen (§§ 11a, 25). Zudem müssen Tätigkeiten mit Asbest spätestens eine Woche vor Beginn bei der zuständigen Behörde angezeigt werden (§ 11a, Anhang I Nr. 3.5).
Pflichten der Eigentümer und Immobilienverwalter
Auch für die Eigentümer bzw. die durch sie beauftragten Immobilienverwalter ergebn sich durch die Gefahrstoffverordnung neue Pflichten. Eine sorgfältige Dokumentation des Baujahrs der (verwalteten) Gebäude ist essenziell, um die Informationspflicht gegenüber Handwerkern zu erfüllen. Ebenso müssen vorhandene Informationen über bekannte Asbestbelastungen in den Liegenschaften zentral erfasst sein und bei Beauftragung von Arbeiten an die Handwerker weitergeben werden.
Fazit: Sensibilität ist gefragt
Die neue Gefahrstoffverordnung verschärft den Umgang mit Asbest im Gebäudebestand. Für Eigentümer und Immobilienverwalter steht die erweiterte Informationspflicht im Vordergrund: Sie müssen das Baujahr und bekannte Asbestvorkommen mitteilen. Auch wenn die Entscheidung zur tiefergehenden Asbestprüfung nun beim Auftragnehmer liegt, bleiben die Herausforderungen durch potenzielle Verzögerungen und zusätzliche Kosten bestehen.
Bei der Auswahl von Handwerksbetrieben sollten Verwalter darauf achten, dass diese die neuen Regelungen der Gefahrstoffverordnung kennen, dafür zugelassen und geschult sind und entsprechend agieren.
Da derzeit noch kein vollständiger „Masterplan“ für die praktische Umsetzung existiert und einige Aspekte als „etwas unklar“ bezeichnet werden, sind eine offene Kommunikation zwischen allen Beteiligten (Verwalter, Eigentümer, Handwerker, Versicherer), die Nutzung verfügbarer Hilfestellungen und ein pragmatischer, aber stets arbeitsschutzkonformer Umgang entscheidend. Es wird sich in den kommenden Monaten zeigen, wie sich die praktische Anwendung der neuen Regeln entwickeln wird.
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